Raum für gemeinsame Reflexion und gemeinsame Visionen

02 Aug. 2022

Im Interview: Pfarrerin Dr. Faith Lugazia, Verantwortliche für die inhaltliche Koordinierung der Vollversammlung.

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Rev. Dr Faith Lugazia, Assembly Content Coordinator. Photo: LWF/S. Gallay

Rev. Dr Faith Lugazia, Assembly Content Coordinator. Photo: LWF/S. Gallay

(LWI) – Die Lebensrealitäten in den sieben Regionen des Lutherischen Weltbundes (LWB) zu verstehen sei von zentraler Bedeutung für die Erarbeitung des Studienbuchs der nächsten Vollversammlung. Die Mitglieder der Referenzgruppe für die inhaltliche Gestaltung der Vollversammlung (Assembly Thematic Content Reference Group, ARG) hätten wertvolle Beiträge aus den Kontexten ihrer jeweiligen Regionen geleistet, so Pfarrerin Dr. Faith Lugazia.

Im April 2021 war sie zur Verantwortlichen für die inhaltliche Koordinierung der Dreizehnten Vollversammlung ernannt worden, die im September 2023 in Krakau, Polen, stattfinden wird.

Im folgenden Interview spricht sie über ihre Herkunft, das Thema der Vollversammlung und was diese Vollversammlung für die LWB-Gemeinschaft bedeutet.

Erzählen Sie uns kurz etwas über Ihre Herkunft und wie Sie Pfarrerin geworden sind?

In meiner Familie bin ich Christin der dritten Generation. Ich bin also in eine christliche Familie hineingeboren und auch christlich erzogen worden. Und ich bin Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania in der Diözese Nordwest. 

Mein Interesse für Theologie kam auf, als ich in der weiterführenden Schule war. Ich hatte viele Fragen hinsichtlich meiner Beziehung zu Gott und des Wirkens des Heiligen Geistes im Leben der Gläubigen. Darum habe ich mich für eine theologische Ausbildung entschieden. Obwohl ich an einem theologischen Seminar studiert habe, betrachte ich mich nach wie vor als Lernende des Wortes Gottes.

Als ich mein Studium abgeschlossen hatte, ordinierte meine Kirche noch keine Frauen in das Pfarramt. Stattdessen wurde ich gebeten, als Religionslehrerin in Schulen zu arbeiten. Erst zwanzig Jahre später wurde ich am 8. Januar 2006 zur Pfarrerin ordiniert. Ich sage: Das geschah durch Gottes Gnade, Gottes Gnade allein. Dank sei Jesus Christus, der mich durch den Heiligen Geist berufen hat.

Eine Ihrer Aufgaben als Verantwortliche für inhaltliche Koordinierung der Vollversammlung ist die Erstellung des Studienbuchs für die Vollversammlung. Wie verläuft dieser Prozess und wer ist daran beteiligt?

Die vorbereitenden Arbeiten für das Studienbuch gingen im April 2021 los, als der LWB mich zur Verantwortlichen für die inhaltliche Koordinierung der Vollversammlung ernannt hat.

Ich arbeite eng mit der Referenzgruppe für die inhaltliche Gestaltung der Vollversammlung (ARG) zusammen. Dieser gehören Theologinnen und Theologen aus allen sieben LWB-Regionen an. Darüber hinaus arbeite ich eng mit den Theologie-Fachleuten im LWB-Büro der Kirchengemeinschaft und vom Institut für Ökumenische Forschung in Straßburg, Frankreich, zusammen.   

Gemeinsam versuchen wir herauszuarbeiten, mit welchen kontextabhängigen Lebensrealitäten wir uns im Rahmen der Vollversammlung beschäftigen sollten. Dafür waren die Mitglieder der Referenzgruppe unglaublich wichtig und hilfreich! Sie haben die Verbindung hergestellt zwischen den kontextabhängigen Lebensrealitäten ihrer jeweiligen Region mit dem Thema der Vollversammlung „Ein Leib, Ein Geist, Eine Hoffnung“ und den Unterthemen „der Heilige Geist erschafft“, „der Heilige Geist versöhnt“ und „der Heilige Geist erneuert“. Wir planen, eine separate Publikation mit den Beiträgen zu veröffentlichen, die sie dafür erarbeitet haben.

Weiterhin hat die Gruppe eine Struktur für den Inhalt des Studienbuchs festgelegt. Dieses Studienbuch soll den Delegierten und anderen Vollversammlungsteilnehmenden helfen, sich auf die Vollversammlung und ihr Thema vorzubereiten und einen Beitrag dazu zu leisten.

Was sind die zentralen Botschaften des Studienbuchs?

Vor allem unterstreicht es, wie wichtig Einheit im Leib Christi in unserer zersplitterten Welt ist.

Zum zweiten formuliert es den Aufruf an alle Gläubigen, an der Mission Gottes teilzuhaben und an dem diakonischen Engagement für Inklusion, Nichtdiskriminierung und Umweltgerechtigkeit für alle mitzuwirken.

Drittens erläutert es die Bedeutung unserer lutherischen Identität und des ökumenischen Charakters der lutherischen Kirchengemeinschaft.

Die Vollversammlung wird in der Region Mittel- und Osteuropa stattfinden. Welche Bedeutung hat das Thema Ihrer Ansicht nach in dieser Region?

Eine Vollversammlung in der Region Mittel- und Osteuropa zu veranstalten, ist gerade jetzt wichtig, weil die Region die Zusicherung der Solidarität, Hoffnung und der Gebete der Kirchengemeinschaft dringend braucht. Die Region leidet stark unter dem Krieg in der Ukraine und den wachsenden Spannungen, die durch Ausgrenzung und Diskriminierung verursacht werden. Wo die Delegierten aus aller Welt für eine Vollversammlung zusammenkommen, stehen sie zusammen und senden ein Zeichen der Hoffnung auf Einheit und Frieden in die gesamte Region.

Sie leben und arbeiten in Tansania: Was bedeutet es für die Region Afrika, wenn der LWB für eine Vollversammlung zusammenkommt? 

Wir können unsere Identität feiern und gleichzeitig netzwerken. Wir können die Einheit der Kirchen trotz unserer großen Verschiedenheit bewahren. Das Leben in Gemeinschaft und die christliche Gemeinschaft können wieder miteinander verbunden werden.

Welche Vision haben Sie für Ihre Kirche und für die Kirchen in Afrika im Allgemeinen bezüglich der Vollversammlung?

Die Vision meiner Kirche und der Kirchen in Afrika ist, dass die Dreizehnte Vollversammlung einen Raum schaffen wird, in dem gebrochene und leidende Menschen Heilung, Freude und gemeinsame Hoffnung finden können. Die Vollversammlung sollte deutlich machen, dass alle Menschen unterschiedliche Gaben und Fähigkeiten von Gott bekommen haben, um die Ziele der Vollversammlung umzusetzen. Als afrikanische Christinnen und Christen bringen wir unsere Fertigkeiten und unser Fachwissen, unsere Spiritualität und unser theologisches Wissen ein, um die gesamte bei der Vollversammlung anwesende Gemeinschaft zu bereichern.

Was war für Sie auf persönlicher Ebene ein Höhepunkt der bisherigen Vorbereitungen auf die Vollversammlung?

Mir ist es wichtig, dass das Thema der Vollversammlung die Arbeit der Vollversammlung insgesamt durchdringt. Außerdem ist mir bewusst geworden, wie die verschiedenen Gremien und Institutionen weltweit zusammen auf ein Ziel hinarbeiten: Sie wollen einander und den weinenden und flehenden Gliedern am Leib Christi Hoffnung machen und dem Wirken des Heiligen Geistes nachspüren, der in der ganzen Schöpfung aktiv ist.

LWF/A. Weyermüller
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Schweiz
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