Der Kirche gleichberechtigt dienen

09 Sep 2023
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Participants of the Women’s Pre-Assembly in Wrocław, Poland, after the opening worship. Photo: LWF/Albin Hillert 

Participants of the Women’s Pre-Assembly in Wrocław, Poland, after the opening worship. Photo: LWF/Albin Hillert 

Im polnischen Breslau beginnt die vorbereitende Konsultation der Frauen 

(LWI) - Im Vorfeld der Dreizehnten Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) trafen sich 107 Frauen sowohl aus dem Laienstand als auch Ordinierte aus der ganzen Welt im polnischen Wrocław zur vorbereitenden Konsultation der Frauen. Das Treffen findet vom 8. bis 11. September statt. 

Weibliche Delegierte der LWB-Mitgliedskirchen kamen zusammen, um Gottesdienst zu feiern, Beziehungen aufzubauen und zu pflegen, den regionalen und globalen Bedarf für mehr Gendergerechtigkeit auszuloten, Schwerpunkte für die nächsten Jahre festzulegen und eine Botschaft sowie Hauptanliegen zur Weitergabe an die gesamte Vollversammlung zu formulieren.

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Presiding Bishop of the Evangelical Church of the Augsburg Confession in Poland, Jerzy Samiec, greets the delegates of the Women’s Pre-Assembly. Photo: LWF/Albin Hillert 

Presiding Bishop of the Evangelical Church of the Augsburg Confession in Poland, Jerzy Samiec, greets the delegates of the Women’s Pre-Assembly. Photo: LWF/Albin Hillert 

Ausschlaggebend ist die Bereitschaft zur Änderung der Denkweise

In seinen Grußworten sagte Jerzy Samiec, leitender Bischof der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen (EAKP), es sei ihm eine Ehre, zu der vorbereitenden Konsultation zu sprechen. Er betonte, wie machtvoll die Denkweisen seien, mit denen Frauen und Männer Herausforderungen angehen und selbst den Alltag bewältigen.  

„Vor einem Jahr feierten wir die erste Weihe von Frauen zu Pastorinnen“, sagte Samiec. „Es war ein langer Weg, der uns zu diesem Moment führte, und unterwegs hat sich in unserer Kirche viel verändert.“ 

Samiec sagte, er selbst habe eine deutliche Veränderung im Denken durchlaufen. „Ich war ein entschiedener Gegner der Frauenordination. Dieser Glaube resultierte aus dem, was ich in meiner Kindheit, während meiner Zeit in der Jugendgruppe und später nach meiner Priesterweihe gehört habe. Meine Lehrer, denen ich vertraute, brachten mir bei, dass nur Männer zu Geistlichen berufen seien.“ 

„Auf diese Weise formt die Welt, zumindest im Westen, unser Denken, so dass wir die an uns weitergegebenen Wahrheiten oft akzeptieren, ohne sie zu hinterfragen“, sagte er. 

„Erst als ich zum leitenden Bischof gewählt wurde, entdeckte ich andere Sichtweisen“, erinnert sich Samiec. „Ich beschloss, das Thema Frauenordination nochmals von Grund auf zu überprüfen. Durch das Studium von Gottes Wort und der theologischen Perspektiven und Gebräuche in unserer Kirche korrigierte ich meine angelernten Ansichten.“ 

„Christus nennt uns seine Freunde, ohne Unterschied zwischen männlich und weiblich“, sagte Samiec. 

„Als wir 2021 mit den Vorbereitungen zur Vorversammlung der Frauen begannen, beteten wir um die Frauenordination in dieser Kirche“, erinnert sich Pfarrerin Dr. Marcia Blasi, LWB-Programmreferentin für Frauenförderung, in ihrer Begrüßungsrede. „Im Mai 2022 wurden die ersten neun Frauen in Warschau ordiniert, und jetzt, 2023, sind wir mit der vorbereitenden Konsultation der Frauen Ihre Gäste in Wroclaw. Danke, Danke, Danke!“ 

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Rev. Halina Radacz from the Evangelical Church of the Augsburg Confession in Poland preaching at the opening service of the Women’s Pre-Assembly. Photo: LWF/Albin Hillert

Rev. Halina Radacz from the Evangelical Church of the Augsburg Confession in Poland preaching at the opening service of the Women’s Pre-Assembly. Photo: LWF/Albin Hillert

Bibeltexte, notwendig und revolutionär 

Pfarrerin Halina Radacz von der EAKP stützte ihre Predigt auf Galater 3,28: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“ Diese biblischen Worte sind „nicht nur immer noch relevant, sie sind auch nach wie vor revolutionär und notwendig“, sagte sie. 

„Die großartige Predigt über die Liebe Gottes und die Gleichheit aller Menschen vor Gott wird bedeutungslos, wenn wir es nicht schaffen, diese Liebe den Menschen zu erweisen, die eine andere Hautfarbe, Sprache und Tradition haben“, sagte sie. „Die beredten Worte über Liebe verlieren ihren Wert, wenn wir darauf bestehen, die Ausgegrenzten zu ignorieren und vor den Mächtigen dieser Welt zu buckeln. Die tiefsinnigen Ansichten über Familie und die einzigartige Rolle der Frauen haben keine Bedeutung, wenn wir diese nicht als gleichberechtigte Partnerinnen im Leben und Dienst von Kirche und Gesellschaft sehen“, sagte Radacz. 

Die Rolle der Frauen in der Kirche, bei Geschlechtergerechtigkeit und Bildung 

Zu Beginn der vorbereitenden Konsultation der Frauen legten Frauen, die die Weihe für ein Amt in der EAKP empfangen hatten, ein beredtes Zeugnis von ihrem siebzig Jahre währenden Ringen um Anerkennung als gleichberechtigte Partnerinnen ihrer männlichen Amtskollegen im Dienste der Kirche ab.

Die Delegierten machten sich auch Gedanken zu dem vor 10 Jahren eingeführten LWB-Grundsatzpapier zur Gendergerechtigkeit  und seiner anhaltenden Relevanz für Frauen ebenso wie für Männer in den LWB-Mitgliedskirchen. Es wurde deutlich, dass noch viel zu tun bleibt, um dieses Grundsatzpapier vollständig umzusetzen. 

LWB-Generalsekretärin Pfarrerin Dr. Anne Burghardt spricht vor der vorbereitenden Konsultation der Frauen plangemäß am 9. September über Gendergerechtigkeit aus theologischer Sicht. Dabei bespricht sie einige der Bibelstellen und theologischen Argumente, die dazu verwendet werden, um die untergeordnete Stellung von Frauen zu rechtfertigen, und überlegt, wie Männer in die Arbeit für Gendergerechtigkeit einbezogen werden können. 

Außerdem wird ein Zwischenbericht zum LWB-Studienprozess über die Erfahrungen von Frauen im ordinierten Priesteramt vorgelegt. „Der Bericht liefert Einblicke in die gelebten Erfahrungen von Frauen im Rahmen ihrer geistlichen Funktionen in der gesamten LWB-Gemeinschaft“, erklärt Marcia Blasi. „Damit soll der Weg für nachfolgende Stufen des Studienprozess bereitet und mehr Frauen dazu angeregt und bestärkt werden, sich aktiv mit ihren Geschichten einzubringen und zu erkennen, dass sie auf ihrem Weg nicht alleine sind. Die Studie unterstreicht die Verpflichtung des LWB zur Gendergerechtigkeit und zur vollen Einbeziehung von Frauen in alle Aspekte des Kirchenlebens, einschließlich des ordinierten Priesteramtes.“ 

Der Schwerpunkt einer weiteren Sitzung liegt auf Möglichkeiten zur Bekämpfung und Verhinderung von geschlechtsbezogener Gewalt. Das ungeheure Ausmaß dieses Problems ist ein Grund zu ernster Besorgnis in der Fürsprachearbeit des LWB, den Frauennetzwerken und den Mitgliedskirchen. 

Zum Abschluss formulieren die Delegierten eine Botschaft der Frauen an die Dreizehnte Vollversammlung, die ihre Anliegen vermitteln und die Arbeitsschwerpunkte für die kommenden Jahre konkretisieren soll. 

LWB/A. Weyermüller